Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel
Der türkische Innenminister Süleyman Soylu will gefangen genommene ausländische IS-Kämpfer mit ihren Familien in ihre Heimat zurückschicken, auch dann, wenn ihnen dort bereits die Staatsbürgerschaft entzogen wurde.
Das kündigte Innenminister Soylu während einer Konferenz zur Weiterbildung der Polizei in Ankara am Montag an. Er reagierte damit auf Initiativen mehrerer europäischer Länder, islamistischen Kämpfern die Staatsbürgerschaft abzuerkennen oder die strafrechtliche Verfolgung in ihren derzeitigen Aufenthaltsorten vorzunehmen. Soylu sagte, das sei offenbar eine neue Methode, um die Menschen nicht zurücknehmen zu müssen. Die Türkei sei aber kein „Hotel für IS-Kämpfer“.
Soylu erklärte in Zusammenhang mit der neuen Methode, man beabsichtige sogar neue Regeln einzuführen, damit die IS-Kämpfer dort vor Gericht gestellt werden, wo sie sich derzeit in Haft befinden. Das sei wohl eine Erfindung einer zivilisierten Gemeinschaft des 21. Jahrhunderts, erst diese IS-Kämpfer aus der Staatsbürgerschaft zu entlassen, sie dann von anderen Staaten verurteilen zu lassen.
Es sei laut Soylu nicht hinnehmbar, dass diese Debatten in Europa oder anderen Ländern erst entstehen. Man müsse das jetzt beenden und klip und klar sagen, dass diese Personen dorthin abgeschoben werden, wo sie zuletzt die Staatsbürgerschaft hätten. „Sie sollen sich ja keine Sorgen machen, wir werden sie mit oder ohne Staatsbürgerschaft in ihre Länder ausweisen.“
Laut einem Bericht des belgischen Egmont Institutes, die sie vergangene Woche vorstellte, reisten seit 2011 rund 5.300 Personen aus Europa in den Irak oder Syrien, um sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anzuschließen. Rund ein Drittel davon soll wieder zurückgekehrt sein, während ein weiterer Drittel bei Kampfhandlungen getötet worden sein soll.
Man geht davon aus, dass sich rund 1.700 IS-Kämpfer noch immer im Irak und Syrien versteckt halten oder in diesen Ländern wie in der Türkei von Polizeikräften bzw. von Oppositionskräften oder der türkischen Armee festgenommen wurden. Die meisten IS-Kämpfer haben mittlerweile auch Familien gegründet oder hatten zuvor ihre Familien aus Europa nachgeholt. Diese werden derzeit u.a. in Syrien und dem Irak separat in Camps unter Kontrolle gehalten.
Dem Bericht des Egmont Institutes nach gibt es 124 Erwachsene und 138 Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft. Aus Österreich sollen mindestens 3 Erwachsene stammen. Die belgische Staatsbürgerschaft besitzen demnach 57 Erwachsene und 69 Kinder. Die dänische Staatsbürgerschaft besitzen mehr als 8 Erwachsene und 13 Kinder. Zwischen 11 bis 13 Erwachsene und 33 Kinder besitzen die finnländische Staatsbürgerschaft.
Aus Frankreich stammen 130 Erwachsene und zwischen 270 bis 320 Kinder. Die holländische Staatsbürgerschaft besitzen 50 Erwachsene und 90 Kinder. Aus England stammen mehr als 8 Erwachsene und sie haben insgesamt mehr als 10 Kinder. Die spanische Staatsbürgerschaft besitzen 4 Erwachsene und 17 Kinder, die schwedische rund 40 Erwachsene und 57 Kinder. Die italienische Staatsbürgerschaft besitzen 6 Erwachsene und eine nicht unbekannte Anzahl von Kindern.
Man geht dem Bericht nach von etwa 440 Erwachsenen und rund 720 Kindern aus, die eines der europäischen Staatsbürgerschaften besitzen. Laut Soylu sind in der Türkei derzeit rund 1.200 ausländische Kämpfer der Terrormiliz-IS inhaftiert.
In einigen westliche Staaten gab es zu der Absicht von Soylu vereinzelte Stimmen. Belgien und England wollen nachwievor, dass die IS-Kämpfer in den jeweiligen Orten vor Gericht gestellt werden, in der sie sich derzeit befinden. Andere haben sich bereits verweigert, sie zurückzunehmen. Frankreich und Großbritannien machen geltend, dass die innere Sicherheit Vorrang habe. Zuletzt hatte Dänemark ein Gesetz erlassen, wonach die Staatsbürgerschaft entzogen werden kann.
Gestern hatte ein Sprecher des türkischen Präsidenten Erdogan erklärt, 20 gefangen genommene deutsche Anhänger der Terrormiliz IS sollten in die Bundesrepublik zurückgeschickt werden.